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Vorwort

»Für mich war das die beste Zeit meines Lebens. Ich weiß noch, dass bei mir nach einer Woche an der Hochschule richtig der Blitz eingeschlagen ist und ich wusste: Das! Das ist das, was ich machen will! Das ist mein Ding. Ich will nichts mehr anderes machen außer Film. Es war grandios. Du hast nur Leute um dich, die haben über Film geredet, du bist nur ins Kino gegangen und den ganzen Tag durftest du nur Filme machen oder über Filme reden oder Filme schauen.« Mit diesen Worten äußerte sich Bernd Eichinger über seine erste Zeit an der Hochschule für Fernsehen und Film in München – nachzulesen in einem bis dato unveröffentlichten Gespräch gleich zu Beginn dieses Heftes.

Bernd Eichinger begann sein Studium in der Abteilung für Spielfilmregie im Jahr 1971, es war eine Zeit lange vor Homevideo oder Onlinestreaming, und die einzigen Möglichkeiten, Filme zu sehen, gab es im Kino oder in der Filmgeschichtsvorlesung an der Hochschule. Er nutzte begeistert diese Möglichkeiten, die sich ihm boten, sah Filme von Howard Hawks, John Ford, Alfred Hitchcock, Jean-Luc Godard, auch alte Stummfilme, »etwa INTOLERANCE, vier Stunden lang«. Er hat diese Filme im Wortsinne »studiert« – angesehen, besprochen, analysiert und in seinen Übungsfilmen auch imitiert. Was dies im Einzelnen bedeutete, wird in einem zweiten Beitrag über seine Studentenfilme von Judith Früh untersucht.

Bernd Eichingers weiteres Werk – und, davon ununterscheidbar, auch sein weiteres Leben – lässt sich nur vor dem Hintergrund des Filmhochschulstudiums verstehen. Seine Ausbildung war eine filmkünstlerische, keine filmwirtschaftliche, das Selbstverständnis der Hochschule war seinerzeit vom Autorenfilm geprägt. »Wenn ihn Leute gefragt haben, wie sie Produzent werden können«, sagt seine Witwe und Biografin Katja Eichinger im letzten Beitrag dieses Heftes, »hat er ihnen immer geantwortet: Studiert Regie, weil ihr mit dem Regisseur auf kreativer Augenhöhe stehen müsst!« Das Filmkünstlerische stand für ihn also im Vordergrund. Damit stellt sich die Frage nach der kreativen Kontrolle des Herstellungsprozesses: Viele der von ihm produzierten Filme wurden als »Bernd Eichinger Produktion« bekannt, sein Name überstrahlte oft jeden der weiteren Beteiligten. Florian Kamhuber widmet sich in seinem Beitrag in diesem Sinne dem »Über-Regisseur« Bernd Eichinger, der sich zwar nie selbst als »kreativen Produzenten« bezeichnet hat, aber doch in entscheidendem Maße diesem zusehends erstarkenden Berufsbild entsprach. Dominik Graf nimmt den Film MANTA, MANTA (1991) in den Blick und zeigt, dass neben dem »Über-Regisseur« Bernd Eichinger mit seiner, so Graf, »liebenswürdige(n) Schwäche für das Genre deutsche Komödie« sehr wohl Raum für andere und anderes blieb: in diesem Fall für den Auto- und Autoren-Regisseur Wolfgang Büld und seine Version eines Heimatfilms aus dem »Land der 100 Talsperren«.

Bernd Eichinger lotete nicht nur als Produzent und Verleiher seine kreativen Freiräume aus: Bei einigen Filmen – darunter seine Studentenfilme – war er auch als Regisseur tätig. Benjamin Pfohl geht am Beispiel des Fernsehfilms DAS MÄDCHEN ROSEMARIE (1996), einem Remake des gleichnamigen Films von Rolf Thiele aus dem Jahr 1958, der Frage nach, welche inszenatorischen Abweichungen der Regisseur Bernd Eichinger gegenüber dem Originalfilm vornimmt und ob sich daraus auf eine mögliche »Handschrift« schließen lässt. Nicht nur im Falle dieses Fernsehfilms war Bernd Eichinger als Drehbuchautor tätig, er wandte sich auch gegen Ende seines Schaffens wieder verstärkt dem Schreiben zu. Christine Heinlein unterzieht seine Drehbucharbeit einer näheren Betrachtung: Leben, Kino und Schreiben, so ihre Erkenntnis, hingen bei Bernd Eichinger eng zusammen. Ein Spezifikum seiner Filme ist die Tatsache, dass er keine Originalstoffe entwickelte, sondern bis auf wenige Ausnahmen Stoffe adaptierte – aus Comics, Reportagen, Romanen und einigem mehr. Gundolf S. Freyermuth untersucht Bernd Eichingers Produktionspraxis medialer Adaptation am Beispiel des Films DER NAME DER ROSE (1986), dessen Entstehungsprozess er in seiner damaligen Funktion als Stern-Redakteur begleitet hat. Federico Alvarez Igarzábal geht am Beispiel der RESIDENT-EVIL-Filme (erstmals 2002), einer Adaption der gleichnamigen Computerspielreihe, der Frage nach den medialen Differenzen von Film und Games nach. Tobias Ebbrecht-Hartmann richtet seinen Blick schließlich auf den Film DER BAADER MEINHOF KOMPLEX (2008), welcher auf dem gleichnamigen Sachbuch von Stefan Aust beruht und, ähnlich wie bereits der Film DER UNTERGANG (2004), eine breit geführte öffentliche Diskussion um die Grenzen und Möglichkeiten filmischer Geschichtsfiktionen auslöste.

Das bereits erwähnte Gespräch mit Katja Eichinger über Leben und Werk ihres im Jahr 2011 verstorbenen Mannes beendet das vorliegende Heft. Damit schließt sich ein Kreis, der seinen Anfang im Jahr 1971 an der Münchner Filmhochschule nahm.

Judith Früh

Januar 2017

Judith Früh

»Da merkt man, wie Film funktioniert.«

Bernd Eichinger über seine Zeit an der HFF

Für das Buch Bilder wilder Jahre. Die Filme der HFF München 1967–1979, das 2011 in München bei der edition text + kritik erschienen ist und von Judith Früh und Helen Simon unter Mitarbeit von Catalina Torres (HFF München) herausgegeben wurde, haben die Autorinnen im Herbst 2009 mit Bernd Eichinger gesprochen, mit ihm seine Studentenfilme angesehen und ihn zu seinen Erinnerungen an die Zeit als HFF-Student befragt. Das Gespräch wurde bislang nicht vollständig veröffentlicht. Teile daraus werden in dem erwähnten Buch zitiert.

Herr Eichinger, wie denken Sie an Ihre Zeit als Student zurück?

Bernd Eichinger: Für mich war das die beste Zeit meines Lebens. Ich weiß noch, dass bei mir nach einer Woche an der Hochschule richtig der Blitz eingeschlagen ist und ich wusste: Das! Das ist das, was ich machen will! Das ist mein Ding. Ich will nichts mehr anderes machen außer Film. Es war grandios. Du hast nur Leute um dich, die haben über Film geredet, du bist nur ins Kino gegangen, und den ganzen Tag durftest du nur Filme machen oder über Filme reden oder Filme schauen.

Sie wussten vorher also noch nicht genau, ob Sie wirklich Film machen wollen?

Ich war nicht derjenige, der schon als Kind mit einer 8 mm-Kamera rumgelaufen ist und immer wusste, dass er Regisseur werden will, wie etwa Wolfgang Petersen, der mir mal erzählt hat, dass er immer genau das wollte. Er hat mit fünf Jahren schon die Familienfeiern gefilmt und mit diesen 8 mm-Schneideeinheiten geschnitten. Uli Edel war genauso. Die beiden haben schon früh irrsinnig viel mit Super 8 gemacht. Ich habe das nie. Ich war interessiert an Literatur, habe gemalt, viel fotografiert und bin ganz anders zum Film gekommen. Ich dachte nach der Schule eher an Theaterwissenschaften, Germanistik oder etwas in die Richtung. Als ich gesehen habe, was da so gelehrt wird, fand ich das alles viel zu theoretisch.

Das heißt, Sie hatten vorher keinerlei Berührung mit Film?

Filminteressiert in dem Sinn war ich schon – ich bin viel ins Kino gegangen, aber das ist ja jeder von uns, das war nichts Besonderes. Man ging halt ins Kino als junger Mensch. Fernsehen gab es keines, es konnte sich keiner einen Fernseher leisten.

Und wie kamen Sie an die HFF? Die hatte ja erst 1967 den Lehrbetrieb aufgenommen und war damals noch ganz neu.

In dem Internat in München, in dem ich war, gab es ein paar Zimmer, in denen man, wenn man Student wurde, zwar nicht sehr komfortabel, aber immerhin umsonst wohnen konnte. Dafür musste man ein bisschen Schüleraufsicht machen. Einer, der dort als Student gewohnt hat, war im »A-Kurs« an der Münchner Filmhochschule. Der hat mich ein paar Mal mitgenommen und gesagt: »Schau dir das mal an!« Ich habe dort dann alles Mögliche gemacht, die Studenten hatten ja nie Geld und brauchten immer Helfer. Ich fand das alles ganz interessant.

Ihnen wurde klar, dass Sie Film studieren wollen.

Ich musste mich dann ganz schnell entscheiden, da ich zur Musterung vorgeladen wurde. Ich habe mich sofort an der HFF beworben, das ging dann gerade noch fürs Herbst-Semester 1970. Da gab es derzeit sehr viele Bewerber. Dann habe ich mir 2.000 Mark geliehen und damit den ersten Film gemacht. Einfach so. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie so etwas geht, überhaupt nicht.

Haben Sie sich Hilfe gesucht?

Ich hatte mir einen Kameraassistenten geholt, der eigentlich keiner war und lediglich wusste, wie man einen Film einlegt. Wir haben uns dann für die 16 mm-Kamera Schwarz-Weiß-Material geholt und uns überlegt, wie das denn jetzt weiterginge. Wir wussten nicht, wie der Ton auf den Film kommt, wir wussten auch nichts übers Schneiden, nicht mal, dass es das gibt. Wir haben also immer gedreht, dann gestoppt, dann den Gegenschuss gemacht. Also echt analog.

Dann haben Sie den Film also nicht geschnitten?

Ich dachte nur: Das wird doch nie was. Das geht doch gar nicht. Wenn ich außen eine Landschaft drehe, die aber zwischen zwei Szenen eingefügt werden soll, wie mache ich denn das? Ich kann doch nicht rausrennen und die Außenaufnahme drehen und wieder zurückkommen und innen wieder weiterdrehen. So kommt doch nie im Leben ein Film zustande! Mir hat dann jemand erklärt, dass es Schneidetische gibt und es völlig wurscht ist, in welcher Reihenfolge man dreht. Das war schon eine besondere Erkenntnis.

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Bernd Eichingers
HFF-Bewerbungsfoto (1970)

Und was geschah mit dem Ton?

Ich habe ein normales Tonband mitlaufen lassen. Aber ich wusste nicht, dass es dafür eine Art Synchronkabel gibt, weil Ton und Bild sonst auseinanderlaufen. Ich musste die Dialoge also auf ein Minimum kürzen und habe sie zum Schluss alle rausgeschmissen. Deshalb hört man nur Geräusche und Musik. Der Film hieß DIE SONNE SCHIEN, WEIL SIE KEINE ANDERE WAHL HATTE, AUF NICHTS NEUES, das ist der erste Satz aus Murphy (1938) von Samuel Beckett.

Um was ging es in dem Film?

Es ist ein Film über jemanden, der im Internat lebt, und er handelt von einer Glocke, die dauernd betätigt wird. Im Internat wird der ganze Tag zerteilt durch Glockenklingen: Kling, studieren, Kling, dies, Kling, das, Kling, essen. Das ist irre, das habe ich mehrere Jahre mitgemacht. Das war also mein Bewerbungsfilm, in gewissem Sinne ein antiautoritärer Film, was damals ja üblich war.

Können Sie sich noch an Ihre Aufnahmeprüfung erinnern?

Bei der Aufnahmeprüfung habe ich eine Super-8-Kamera in die Hand bekommen und musste zu einem Thema ohne zu schneiden einen Film drehen. Da hat man am Morgen die Kamera in die Hand bekommen und zwei Dosen Filmmaterial, Super-8-Kassetten. Bis um fünf Uhr nachmittags hatte man Zeit und musste dann alles abliefern. Danach gab es ein persönliches Gespräch.

Waren Sie nervös?

Ich habe nur gedacht: Das ist jetzt ein Gottesurteil. Wenn sie mich nehmen, dann ist es das und dann fange ich im Herbst an, und wenn sie mich nicht nehmen, dann habe ich ein Problem, weil ich keine Alternative hatte. Ich hatte noch eine kurze Idee, dass ich Volksschullehrer werde – malen, fotografieren und schreiben, auf dem Land, wo man die Kinder alle kennt und mit denen größer wird. Aber dazu kam es nicht. Ich wurde genommen, und das war es dann.

Sie waren an der HFF angelangt. Wie ging es weiter mit Ihrem Interesse an Film?

Heute hast du die Möglichkeit, dir jeden Film, den du haben willst, auf DVD zu besorgen. Das war damals nicht möglich. Wir waren darauf angewiesen, was die Filmhochschule und einige Kinobetreiber uns angeboten haben. Etwa Thomas Kuchenreuther, der hat in der Nacht Filme von Howard Hawks oder John Ford vorgeführt. Da sind wir immer gewesen. Das ging um elf Uhr los und bei Double Features sind wir um halb zwei in der Nacht raus. Jeden Tag waren wir da drin.

Und was hat Ihnen die HFF im Rahmen Ihrer Ausbildung ermöglicht?

Ein ganz wichtiges Fach war Filmgeschichte bei Helmut Färber. Da konnte man Filme sehen, die sonst nirgends gezeigt wurden. Etwa die ganzen Stummfilme. INTOLERANCE (INTOLERANZDIE TRAGÖDIE DER MENSCHHEIT, 1916), vier Stunden lang. Das war schon heftig. Aber es ist wichtig. Da merkt man, wie Film funktioniert. Färber hat immer gesagt: Das Einzige, was die Filmhochschule machen kann, ist, dass sie deinen Geschmack schärft, damit du einfach einen Begriff davon kriegst, was gut ist, was weniger gut ist und was schlecht ist.

Welche Filme haben Sie in Filmgeschichte noch angeschaut?

Unter anderem italienischer Neorealismus, amerikanisches Kino, natürlich auch Hitchcock. Ich persönlich mag Hitchcock gar nicht so gern, aber er zeigt, wie es funktioniert. Er ist ein brillanter Techniker. Aber auch Godard, À BOUT DE SOUFFLE (AUSSER ATEM, 1960), was ja einer meiner Lieblingsfilme ist, das waren so unsere Filme, oder LA DOLCE VITA (DAS SÜSSE LEBEN, 1960) oder die anderen Fellini-Filme, ROCCO E I SUOI FRATELLI (ROCCO UND SEINE BRÜDER, 1960), Douglas Sirk, das Melodrama. Da wollten wir hin. Das war unser Ding.

Ihr erster Hochschulfilm CANOSSA von 1972 war also ein Melodrama.

CANOSSA war eine Hommage an den französischen Gangsterfilm. Das würde auch jeder Maler so machen: Erstmal versuchen, seinen Lehrer zu imitieren. Das wurde an der Filmhochschule auch nie unterbunden. Es ist gut, wenn du dabei scheiterst – was ja zwangsläufig der Fall ist. Wir haben damals vor uns hin gewurstelt und uns dabei auch viel zu hohe Ziele gesteckt. Warum sieht das jetzt nicht so aus wie bei John Ford? Ich war immer wieder regelrecht verdutzt. Ich dachte: Wieso denn nicht? Man kam dann irgendwann drauf, dass es davon abhängt, wo man die Kamera hinstellt und was für Linsen man reintut usw. Man hat als Student eben versucht, hinter bestimmte Regeln zu kommen.

Hat es geklappt?

Bei CANOSSA hatte ich mir viel zu viel vorgenommen. Mit der bombastischen Musik, mit dem Zoom. CANOSSA war die allererste Übung, außer dem Film, den ich als Bewerbungsfilm gemacht hatte, und er sollte Autofahren und Musik zusammenbringen, wie es bei den Münchner »Sensibilisten« der ersten Kurse der HFF damals ja so üblich war.

Die Musik spielte in vielen frühen Filmen der HFF eine sehr große Rolle, etwa bei Wenders.

Das ist alles vor der Zeit entstanden, als es Musikvideos gab. Heute ist das natürlich viel wilder und man ist seit Jahrzehnten daran gewöhnt, dass Bewegung und Musik zusammengehören. Das war damals aber nicht selbstverständlich. Auch das Auto war bei CANOSSA sehr wichtig: Es sollte ein großes Auto, ein großes Gangsterauto sein. Das größte Gangsterauto, das man mieten konnte, war dieser Opel Kapitän. Die französischen Gangsterfilme hatten immer große Autos. So richtig schwere, große Autos.

Gab es weitere Reminiszenzen in CANOSSA ?

Der Riesen-Zoom am Anfang, auf den ich einen englischen Song gelegt habe, kommt von Sergio-Leone-Filmen, genauso wie das Warten. Das ist nicht eins zu eins, weil es bei Leone so ist, sondern eher ein grafischstatisches Warten: Auto fährt vor, einer steigt ein, Auto fährt weiter. Der nächste wartet, steigt ein. Du weißt als Zuschauer: Wenn alle im Auto sitzen, dann passiert was. Du baust also etwas auf. Wenn die dann aber zum Würstelessen fahren, ist das natürlich schlecht.

Um was ging es in Ihrem zweiten Übungsfilm KIDNAPPING von 1973?

KIDNAPPING ist kein guter Film, finde ich. Ich habe nie den besonderen Wunsch verspürt, mir den nochmals anzusehen, und finde, das ist eine missglückte Genreidee. Er trägt auch nicht meine Handschrift, den könnte jemand ganz anderes gedreht haben. Bei meinen anderen Hochschulfilmen weiß ich genau, dass ich das war. Das war das Gute: Dass man an der Filmhochschule gnadenlos sein Ding fahren konnte. Man musste nicht erfolgreich sein. Deswegen schauen die Filme aus der Filmhochschule unserer Zeit viel weniger professionell aus als das, was ich heute sehe, etwa bei »First Steps«. Die haben allerdings auch professionelle Schauspieler, das macht einiges aus. Wir hingegen haben einfach gemacht, was wir wollten. Auch deswegen finde ich KIDNAPPING nicht gut. Den habe ich kommerzialisiert, ohne es eigentlich zu wollen und ohne es zu brauchen. Deshalb habe ich meinen Abschlussfilm WEIHNACHTSMÄRCHEN (1974) wieder genau so gemacht, wie ich es wollte. Nur mit Handkamera und in Schwarz-Weiß.

Haben Sie sich für ihren Abschlussfilm WEIHNACHTSMÄRCHEN an anderen Filmen orientiert?

Der Impuls zu WEIHNACHTSMÄRCHEN war EASY RIDER (1969). WEIHNACHTSMÄRCHEN sollte eine Art Roadmovie werden, eine Bewegung von Ort zu Ort: Jemand fährt durch Deutschland, um sich an der Beute zu bereichern, die er versteckt hat. Er könnte seine Vergangenheit aber auch hinter sich lassen und einfach mit dem Mädchen, dem er unterwegs begegnet, in den Süden fahren. Dann entscheidet er sich jedoch für das Geld und dadurch geht er drauf. So simpel ist das. Ich sage nicht, dass ich es wie bei EASY RIDER gemacht habe, weiß Gott nicht. Aber so ein bisschen was merkt man davon. Es ist die Idee von on the road und dadurch spielt natürlich auch das Auto eine große Rolle. Es war allerdings ein VW-Bus. Das ist ja nicht gerade ein sexy Auto.

Hatten Sie für den Film Schauspieler oder Laien?

In WEIHNACHTSMÄRCHEN habe ich die Hauptrolle gespielt, weil der Hauptdarsteller, den ich dafür verpflichtet hatte, um acht Uhr früh nicht am Set war. Wir konnten ihn nicht finden, und wir konnten es uns auch nicht leisten, am Sonntag nicht zu drehen. Ich wollte nicht spielen – habe mir aber gedacht, dass es vom Alter her passen würde.

Haben Sie mit Kommilitonen jeweils über Ihre HFF-Filme gesprochen?

Man musste seine Filme, die man gemacht hat, am Dienstagabend immer in großer Runde vorstellen. Ich weiß noch genau, wie ich da mit CANOSSA saß. Das war eine harte Übung für jemanden, der in dem Bereich noch kein Selbstvertrauen hatte. Dein Film wurde gezeigt, du saßt im Stuhl und dann ging die ganze Meute auf dich los: »Blödsinn! Wie kann man denn so einen Film machen?« Das war gnadenlos und dem musste man sich aussetzen. Die Kommilitonen waren zum Teil wild drauf, und es war die Zeit, in der es auch politisch sehr hoch herging.

Wie haben Sie diese »wilden Zeiten« an der HFF erlebt?

Da ging’s schon rund. Das hat man auch mitgemacht. Wir haben aber gesagt: Wir sind hierhergekommen, um Film, nicht um Politik zu studieren. Wir waren nicht apolitisch, aber was den Film betraf, eher konservativ – im Sinne von: möglichst viel von der Vergangenheit lernen. Da waren wir uns eigentlich alle einig. Auch Wim Wenders ist ja von seinem filmischen Schaffen her ein schwer von der Vergangenheit geprägter Mensch.

Seinerzeit wurde den beiden Filmhochschulen, der HFF in München und der dffb in Berlin, in sehr plakativer Weise ein völlig unterschiedliches Verständnis von Film zugeschrieben. Die Münchner waren die »Sensibilisten«, die Berliner die »Politischen«.

Die von der dffb in Berlin haben wir als die totalen Clowns empfunden – die uns wahrscheinlich auch. Mit den Berlinern konntest du über Film gar nicht reden. Die sind nicht ins Kino gegangen. Die Münchner haben sich aber auch nie als »Neo-Romantiker« verstanden, im Gegenteil, eher als »Neo-Realisten«.

Was nehmen Sie, im Nachhinein betrachtet, von der Filmhochschule mit?

Natürlich lernt man nie aus. Das ist heute nicht anders, das wäre schrecklich, wenn nicht. Aber die Filmhochschule hat mir etwas Grundlegendes vermittelt: eine Bestimmtheit darin, Qualität zu erkennen – und zwar jenseits von Geschmack. Prinzipiell kann ich mich mit Leuten, die Film studiert haben, viel besser unterhalten. Man merkt ihnen an, dass sie sich das Wissen systematisch erarbeitet haben. Ich habe viel weniger Diskussionen, wenn ich Filme produziere, als bei reinen Autodidakten. Denn was ist ein guter Film? Das kann man in zwei Minuten nicht erklären, dafür muss man studiert haben. Das sind unter Umständen viele Jahre, bei uns waren es drei.

Wie ging es nach Ihrem HFF-Abschluss weiter?

Als ich fertig war, habe ich von der Bavaria einen Regievertrag bekommen, für eine Vorabendserie. Der war schon unterschrieben. Da hat natürlich jeder drauf gewartet – so einen Vertrag zu kriegen und gleich als Regisseur einzusteigen. Ich habe dann gesagt: »Das mache ich nicht. Ich unterschreibe das nicht. Wenn ich jetzt anfange, Vorabendserien zu machen, dann bleib’ ich da.«

Warum?

Weil ich wusste, dass ich schnell arbeiten kann und dass ich bestimmt eine gute Sache machen würde. Das war mir klar. Und dann kriegst du den nächsten Job und den nächsten und dann gewöhnst du dich daran, Geld zu verdienen, und dann kommst du nicht mehr runter. Deshalb habe ich nicht unterschrieben. Ich wollte nie zum Fernsehen, das hat mich nicht interessiert.

Die einzige Alternative war also Film?

Als ich 1974 mit der HFF fertig wurde, dachte man, das Kino sei tot. Die Filmindustrie war damals eine Wüste. Da hat es überhaupt nichts mehr gegeben außer UNTER DER LEDERHOSE WIRD GEJODELT und so Zeug. Und in Amerika ist auch nichts Ordentliches mehr produziert worden. Wenn du gesagt hast, du willst einen Kinofilm machen, dann haben sie dich angeschaut wie ein Auto. Es gab kein Umfeld, es war bis auf ein paar Ausnahmen überhaupt nichts vorhanden. Man hätte auch sagen können: »Gut. Dann mache ich eben billige Filme. Fassbinder hat auch sehr billige Filme gemacht, Wenders hat billige Filme gemacht, Herzog hat letztlich auch billige Filme gemacht.« Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht Fernsehen machen und ich wollte auch nicht irgendwie rumkrebsen. Ich wollte so Filme machen, wie ich es an der Filmhochschule gesehen hatte. Und ich dachte: Gut. Wo nichts ist, da kannst du vielleicht rein.

Wie sah das dann konkret aus?

Als ich von der Filmhochschule raus war, kannte ich viele Leute, die mich gefragt haben, ob ich für sie Filme durchziehen würde, produzieren kann man ja nicht sagen. Ich habe nichts inhaltlich dazugetan, ich habe nur geholfen, das zu finanzieren, und dann habe ich den Film durchgezogen. Und habe aufgepasst, dass alles ordentlich abläuft, dass die Arbeitsbedingungen gut sind und dass nichts überzogen wird. Das war interessant. Ich habe sehr vielen Regisseuren bei der Arbeit zugesehen, dabei habe ich irre viel gelernt. Es gab ein paar Leute, die sich nicht gut in der Öffentlichkeit bewegt haben, wie etwa Syberberg. Er war zwar nicht besonders erfolgreich, ich fand jedoch ganz toll, wie er gearbeitet hat.

Haben Sie zu der Zeit auch selbst Regie geführt?

Ich konnte es immer wieder zwischendurch machen, aber das war nichts, was mich wirklich interessiert hat. Deshalb habe ich mir gedacht: Dann mache ich jetzt eben Produzent. Anfangs war es für mich ein eher sportliches Vergnügen: Filme, die jeder andere abgesagt hatte, weil zu wenig Geld da war, durchzuziehen. Das habe ich ein paar Jahre gemacht, bis ich dachte: Das bietet mir eigentlich nichts mehr. Dann kam CHRISTIANE F. – WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO (1981). Dafür hat Herman Weigel das Drehbuch geschrieben, Uli Edel hat Regie gemacht und ich habe es produziert. Das hat ziemlich eingeschlagen, und dann flog ich gleich ab mit DIE UNENDLICHE GESCHICHTE (1984), und dann gleich als nächstes mit DER NAME DER ROSE (1986). Das waren meine ersten drei Filme, die ich produziert habe. Das war eine raketenhafte Angelegenheit. Und die sind ja klasse geworden. Alle drei.

WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO war Ihr erster Film als Produzent?

Weil das auch der erste Film ist, den ich inhaltlich mit zu verantworten hatte. Ich habe mich nur ums Drehbuch gekümmert, und ich wusste damals schon aus Erfahrung, wenn ich dies und das ins Drehbuch reinschreibe, dann sprengt es das Budget – also lasse ich es lieber draußen. Wenn man etwas nicht tatsächlich realisieren kann, dann muss man es rauslassen. Ich kann nicht einfach sagen: 10.000 Leute, und ich weiß genau, das ist völlig unmöglich, und drehe das Ganze dann mit 100. Das sieht einfach nicht gut aus. Diese Überlegungen finden alle im Drehbuch statt, deswegen ist das auch so wichtig, nicht nur, aber auch wegen der Kosten. Deswegen sehen meine Filme meistens auch viel teurer aus, als sie sind.

Was ist also Ihr Selbstverständnis als Produzent?

Viele Leute kommen zu mir, die sagen, sie hätten Produktion studiert. Da wird sofort ein Graben durchgezogen: Hier die Produktion und dort die Regie. Das hat es bei mir nie gegeben. Ich habe immer die Drehbücher mitgeschrieben. Und ich habe immer die Filme betreut, also im kreativen Sinn, auch im Schneideraum, natürlich mit dem Regisseur zusammen. Das war für mich selbstverständlich, das war auch für die Regisseure selbstverständlich, bis auf den heutigen Tag. Mich interessiert das Geld ja auch gar nicht so, ich war nie so ein Rechner. Es war für mich nie damit getan, dass ich ein besserer Produktionsleiter bin. Das habe ich auch gemacht, aber deswegen habe ich mich bei diesen Filmen eben nie als Produzent hingeschrieben. Ich habe mich immer als Herstellungsleiter hingeschrieben.

Eine abschließende Frage: Hat die HFF-Zeit in Ihren Filmen Spuren hinterlassen?

Bei allen meinen späteren Filmen sind die Spuren der HFF noch zu sehen. Bei so einem Film wie DIE UNENDLICHE GESCHICHTE vielleicht am wenigsten, weil wir uns das mit den ganzen Special Effects damals alles gar nicht vorstellen konnten. Aber die Grundidee, dass jemand durch das Lesen Teil der Geschichte wird, die er liest – das hat mich total fasziniert. Das ist ja eine unglaubliche Idee. Aber in der Machart sieht man am wenigsten die Spuren der HFF. Ganz anders jedoch bei WIR KINDER VOM BAHNHOF ZOO. Da weiß ich ganz genau, das ist der Uli (Edel) und ich. Und der Herman (Weigel). Das sehe ich ganz genau, ja.

Das Gespräch führten Judith Früh und Helen Simon am 14.10.2009 im Büro von Bernd Eichinger bei der Constantin.

Judith Früh

Pop, Protest und Politik

Bernd Eichingers Studentenfilme und ihr Kontext

An der Hochschule für Fernsehen und Film in München, an der Bernd Eichinger im Jahr 1971 im dritten Jahrgang in den sogenannten »C-Kurs« aufgenommen wurde, gab es seinerzeit zwei Fraktionen, so berichten es die damaligen Studenten und Studentinnen in der Rückschau: Auf der einen Seite waren dies die Politischen aus der Dokumentarfilmabteilung, die Filme mit Titeln wie HEIMARBEIT, § 218 UND WAS WIR DAGEGEN HABEN oder ROTE RÜBETHEATER IM KOLLEKTIV drehten und sich den Impetus des russischen Revolutionsfilms zum Vorbild nahmen. Wie Heiner Stadler, damals Student der Dokumentarfilmabteilung – und wie Bernd Eichinger ebenfalls im »C-Kurs« beheimatet –, erzählt, begnügten sie sich nicht mit dem reinen Filmemachen: »Wir haben (…) gemeinsam versucht, nach dem Beispiel des russischen Kino-Zugs von Alexander Medwedkin eine Produktions- und Vertriebsgesellschaft aufzubauen, die sich auch ›Kinozug‹ nannte.«1 Die Münchner Dokumentarfilmer standen zwar im Schatten ihrer Kommilitonen von der dffb in Berlin, die es – wie der damalige Student Holger Meins – mit der Politik richtig ernst meinten und »die rote Fahne unbedingt handkolorieren«2 mussten, wie Rainer Gansera, ehemaliger Student im »B-Kurs«, anmerkt; trotzdem entkam man auch in München der Politik nicht und ebenfalls nicht der Agitation: »Ich erinnere mich (…) eher an politische Diskussionen über die Filme als an die Filme selbst«3, so Heiner Stadler.

Auf der anderen Seite gab es die Fraktion der Ledermantelträger aus der Abteilung Spielfilmregie, die angeblich wenig anderes taten, als die damals noch absolut neue Popmusik ihrer Zeit zu hören (Cream, Ten Years After, Amon Düül, Spooky Tooth, Pink Floyd usw.) und in einem Schwabinger Kino namens Türkendolch Filme anzuschauen, die auf John Ford sowie Howard Hawks standen und grundsätzlich eher amerikanischen Western und Krimis als dem deutschen Kino zugeneigt waren. Die Keimzelle dieser zweiten Fraktion waren die Filmregiestudenten des ersten Jahrgangs der noch jungen Filmhochschule, des sogenannten »A-Kurses«; Wim Wenders war damals schon der Bekannteste unter ihnen. Sie hielten sich für »was Besonderes, was Besseres«4, gar für die Elite, und zwar »nicht nur für die Elite an der Filmhochschule, sondern generell für die Elite in Deutschland«5.

Uli Edel, der gemeinsam mit Bernd Eichinger an die Filmhochschule kam, erinnert sich an die Bedeutung der beiden ersten Jahrgänge für die späteren Studenten: »Wir waren sehr von den Kursen vor uns beeinflusst, vom A-Kurs und B-Kurs. Die haben damals an der HFF Filme gemacht, in denen einfach die Kamera vorne aus dem Auto rausgeschaut hat und man die Autobahn runter gefahren ist. Oft saßen da zwei langhaarige Hippies drin, die im Autoradio Led Zeppelin gehört und gekifft haben. Und dann fuhr man stundenlang über die Autobahn.«6

In den Filmen dieser Fraktion wurde nicht nur in sehr langen Einstellungen sehr viel Auto gefahren, es wurde noch mehr geraucht und auch das ein oder andere Mal jemand erschossen. Die Dialoge waren knapp – in Wim Wenders erstem Übungsfilm ALABAMA (1969) etwa werden nur vier Sätze gesprochen (»Du weißt, was Du zu tun hast.« – »Ja.« – »Wann bist du zurück?« – »In zwei Stunden.«), dafür ist in aller Ausführlichkeit All Along the Watchtower von Jimi Hendrix zu hören.

ALABAMA war eine Art Initialzündung für diese Art von HFF-Filmen und zugleich ihr Exponent: Es gibt sehr lange Fahrtszenen zu sehen, Menschen mit Sonnenbrillen und Ledermänteln, die sich in der Kulisse des Schwabinger Kleinen Bungalow, einem zentralen Treffpunkt der Münchner Filmhochschüler, um einen Musikautomaten versammelten, und es gibt mehrere Tote sowie einen Sterbenden, der zu den damals noch sehr neuen Klängen von Jimi Hendrix zusammenbricht.

Geht man davon aus, dass »absolute Zeitgenossenschaft« die Grundvoraussetzung schlechthin für die Praxis des »Cool« ist, wie Ulf Poschardt sagt,7 dann war ALABAMA damals der Inbegriff eines wirklich »coolen« Films und die Spielfilmstudenten jenes ersten Jahres, etwa Wim Wenders oder Matthias Weiss, die »coolen« Jungs mit den »coolen« Filmen und der »coolen« Musik. Wenders selbst relativiert dies im Rückblick: »Wir hatten eigentlich nichts zum Vorzeigen. Das war alles nur Attitüde. Also möglichst cool im ›Kleinen Bungalow‹ stehen und die Jukebox bedienen und gut im Flippern sein.«8

Als Bernd Eichinger 1971 an die Hochschule kam und auf die »coolen« Jungs aus dem ersten Jahrgang traf, schien ihn diese Attitüde nicht weiter beeindruckt zu haben. Wim Wenders erinnert sich: »Wir haben uns damals kennen gelernt. Auch wenn wir aus dem A-Kurs damals ziemlich arrogant waren und meilenweit in der Luft geschwebt sind. Aber an Bernd kann ich mich gut erinnern, weil er auch so ein Auftreten hatte. Anders als die anderen. Die meisten von den C-Kurslern waren so zaghafte Figuren.«9 Bernd Eichinger gehörte nicht dazu.

Im Folgenden wird es darum gehen, mithilfe seiner eigenen Erinnerungen sowie jenen seiner ehemaligen Kommilitonen, Bernd Eichingers Position an der HFF herauszuarbeiten und in diesem Kontext seine ersten Filme näher zu betrachten.

Pop und Politik

»Jeder weiß, was cool ist«, schrieb Michael Althen: »Cool ist keine Temperatur und auch kein Gefühl. (…) Cool setzt den Einzelnen gegen die Vielen und die Form gegen den Inhalt. Die Welt fragt ›Was?‹, Cool antwortet ›Wie!‹.«10 In einer Zeit, in der das »Was?« der gesellschaftlichen Umstände sehr wichtig wurde (Was hat die Elterngeneration unter Hitler gemacht? Was machen die Amerikaner in Vietnam? Und überhaupt: Was können wir tun?), erschien die Privilegierung der Form geradezu als Provokation und die Antwort von Wim Wenders auf die Frage »Was passiert in deinem Film?« folgerichtig: »Hast Du nicht gesehen? Da vorne fällt ein Blatt vom Baum.«11

Inspiriert von Siegfried Kracauers Ausführungen zum Film als »Erretter« der äußeren Wirklichkeit, die er in seiner kurz zuvor erschienenen Theorie des Films12 formuliert hatte, wandten sich die Spielfilmstudenten seinerzeit der Bildhaftigkeit des Mediums zu, »weg von diesen Scheiß-Inhalten. Weg von den lästigen Bedeutungen, die eigentlich dem Medium aufgepfropft sind.«13 Agitatorische, sozialkritische oder aufklärerische Botschaftsfilme, wie sie nicht nur in der Dokumentarfilmabteilung der HFF München, sondern auch an der dffb in Berlin zuhauf entstanden, waren im inneren Kreis der HFF-Filmregiestudenten verpönt. Als die Filme der beiden noch jungen Filmhochschulen Anfang der 1970er Jahre auf Festivals wie der Internationalen Filmwoche Mannheim sichtbar wurden, wurden die Unterschiede zwischen den beiden Filmhochschulen im Feuilleton erstmals benannt. So schrieb Wolf Donner in Die Zeit: »Zwei ›Schulen‹, die Film- und Fernsehakademien aus Berlin und München, treten besonders prononciert auf, jede mit einem geschlossenen Programm nach Art des Hauses (…). Am massivsten war in Mannheim die Münchner Neoromantik vertreten (…): elegische Selbstdarstellungen, schöne Bekenntnisse zarter Seelen, das hemmungslose Schwelgen in Stimmungen und Gefühlen und sehr ästhetische Arrangements – eine wahrscheinlich unausbleibliche 14Film-Telegramm15