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Titelseite

Inhalt

Wann passiert schon ein Wunder?

Die Erbschaft

Die tollsten Nachbarn der Welt

Leonardo

Mist, Mist und noch mal Mist!

Melina spielt verrückt!

Freunde für immer

Wann passiert schon ein Wunder?

Hurra! Endlich Sommerferien! Schon stürmen die Ersten zum Klassenzimmer hinaus. Nur Lulu lässt wie in Zeitlupe ihr Zeugnis im Ranzen verschwinden und trottet etwas verloren hinterher. Wahrscheinlich ist sie die Einzige, die sich jetzt nicht freut. Zumindest nicht so richtig.

Nina dreht sich zu ihr um. „Wo fährst du eigentlich hin?“

Die Frage hat Lulu gerade noch gefehlt.

„Nun sag schon!“ Nina strahlt sie an. „Wir fahren nach Italien! Und du?“

„Och“, weicht Lulu aus. „Wir wissen’s noch nicht so genau.“

Dabei stimmt das gar nicht. Es steht längst felsenfest, dass sie zu Hause bleiben, Mama und sie. Mama wird arbeiten. Und Lulu? Sie wird sich schrecklich langweilen – wie jedes Jahr.

Lulu hat keine Eile, nach Hause zu kommen. Langsam trödelt sie die ewig lange Straße hinunter. „Warum hat Mama auch so einen komischen Beruf?“, denkt sie und kickt einen Kiesel quer über den Bürgersteig. Mama ist Bildhauerin. Den ganzen Tag kloppt sie an ihren Steinen rum, um irgendwelche Kunstwerke zu schaffen. Monate braucht sie dafür. Zugegeben, die sind dann auch richtig toll, findet Lulu. Aber leider fällt das keinem anderen auf. Sonst hätte Mama sicher schon ein paar ihrer Kunstwerke verkauft. Und sie könnten sich endlich einen Urlaub leisten. Am liebsten Ferien auf dem Ponyhof! Seit Jahren träumt Lulu davon, reiten zu lernen. Aber bis jetzt hat es nie geklappt. Und es wird auch in 100 Jahren nicht klappen, wenn nicht irgendein Wunder passiert. Lulu seufzt. Aber wann, bitte schön, passiert schon ein Wunder?

„Was? Schon wieder da?“ Erstaunt schiebt Mama ihre Schutzbrille hoch und schaut auf die Uhr.

Ein schöner Empfang ist das!

„Heute ist der letzte Schultag“, erklärt Lulu.

„Ach ja, richtig!“ Das hat Mama doch tatsächlich vergessen.

Sie wirft einen letzten Blick auf ihren Stein und klettert dann die Leiter hinunter.

Unten nimmt sie Lulu in den Arm. „Einen schönen Ferienanfang!“, wünscht sie.

„Danke“, murmelt Lulu halb erstickt in Mamas Kittel hinein.

„Ihr habt bestimmt Zeugnisse bekommen“, fällt Mama ein. „Zeig doch mal!“

Hätte sie das nicht auch vergessen können? Seufzend kramt Lulu ihr Zeugnis hervor. So richtig schlecht ist es nicht, aber so richtig gut auch nicht.

„In Kunst eine Eins! Ganz meine Tochter!“, freut sich Mama und übersieht die Vier in Mathe einfach.

Mama schlüpft aus ihrem Künstlerkittel und steckt ihre Geldbörse ein. „Komm, das muss gefeiert werden!“

Sie feiern in der Eisdiele. Lulu sitzt strahlend vor einem riesigen Schokoladen-Nuss-Becher. Es kommt nicht oft vor, dass Mama ihre Arbeit unterbricht, um mit ihr etwas zu unternehmen.

„Könnten wir in den Ferien nicht wegfahren?“ Lulu lässt sich das Eis auf der Zunge zergehen. „Nur ganz kurz?“

„Ganz kurz?“, fragt Mama gedehnt. „Wohin denn?“

„Auf einen Reiterhof!“, platzt Lulu heraus.